Es ist kurz nach zehn Uhr am 25. Juli 1995, als ein Stadtrundfahrt-Bus den Startpunkt am Kölner Dom verlässt. 23 D-Mark kostet die Fahrt. An Bord sind 26 Touristen, unter ihnen drei Kinder. In einer der hinteren Reihen sitzt ein kleiner, schmächtiger Mann, er trägt Jeans und ein kariertes Hemd. Niemand achtet auf ihn. Sein Name: Leon Bor, 31 Jahre alt, gebürtiger Russe, israelischer Pass. Um 10.40 Uhr stoppt der Bus am Messeturm in Deutz, die Touristen wollen aussteigen und Erinnerungsfotos vom Dom-Panorama machen. Bor greift in seine Reisetasche, er holt eine Sturmhaube heraus und streift sie sich über den Kopf. Er steht auf, geht durch den schmalen Gang nach vorne. In der Hand hält er eine Neun-Millimeter-Pistole von Smith & Wesson. Wortlos drückt er ab. Die Kugel trifft den Busfahrer im Hinterkopf. Er sackt über dem Steuer zusammen und ist sofort tot. Seelenruhig kehrt Bor zu seinem Sitz zurück. Pulvergeruch zieht durch den Bus. Die Angst der Passagiere äußert sich in gespenstischem Schweigen. Aus seiner Reisetasche zieht Leon Bor einen grünen Kampfanzug. Er zieht ihn an und greift zum Autotelefon. Um seinen Hals baumeln Schnüre und um seine Hüfte etwas, das aussieht wie Dynamitstangen. „Das ist Russian Mafia“, brüllt Bor in den Hörer. „Have a bus with little people. I want a russian translator. Schnell, quick.“
Geiselnahmen, Hooligankrawalle, Einsätze gegen Rocker, der Einsturz des Kölner Stadtarchivs - Volker Lange hat in 43 Dienstjahren bei der Polizei (davon 40 in Köln) viel erlebt: Dramatisches, Komisches, Trauriges, Skurriles. In 19 Kapiteln erzählt er davon.